Giech – Gügel – Würgau
Als ich am 25. Oktober früh um 7 Uhr aus dem Fenster schaute und das neblig-trübe Wetter in Augenschein nahm, war ich bezüglich der Teilnehmerzahl an der Ganztageswanderung ziemlich skeptisch. Umso erfreuter startete ich mit weiteren 16 Gleichgesinnten nach Scheßlitz. Unterhalb der Giechburg haben wir unsere Autos abgestellt. Die erste Herausforderung, der kurze aber steile Anstieg zur Burg, die eigentlich eine halbe Ruine ist, wurde souverän gemeistert. Leider blieb uns der herrliche Ausblick auf Bambergs Dom und die Altenburg durch den Dunst verwehrt. Die Burg ist vermutlich im 10. Jahrhundert erbaut und 1125 erstmals urkundlich erwähnt. Viele Besitzer wechselten sich ab. Im Jahre 1819 erwarb sie ein Graf Karl Herrmann von Giech. Mein Vater hieß zwar auch Karl Herrmann, aber es ist kaum anzunehmen, dass er vom gleichen Geschlecht ist. Heute befindet sich die Giechburg in Privatbesitz und wird gastronomisch genutzt.
Eine halbe Stunde später haben wir unser nächstes Ziel, die auf einem markanten Felsen errichtete Wallfahrtskirche Gügel erreicht. Sie geht auf das Jahr 1274 zurück, war ursprünglich eine Burg und ist dem Heiligen Pankratius geweiht. Von den Hussiten und in den Bauerkriegen 1525 mehrmals zerstört, besteht sie in der jetzigen Form seit ungefähr 1600. Von der Kapelle im Chor des Untergeschoßes gelangen wir durch eine enge, steile Wendeltreppe in die reich geschmückt Sakristei und bewundern den herrlichen Hochaltar. Nach der Besichtigung wird am Platz unterhalb der Kirche das mitgebrachte Frühstück eingenommen. Diesmal ohne „geistige“ Getränke. Eine „Fauxpas“ des Tourenbegleiters.
Wieder ein kurzer Anstieg, der letzte dieser Tour, und wir kommen nach Ludwag. Der schiefergedeckte, spitze Turm der Kirche ist von vier kleinen Spitzen umkränzt. An dieser Kirche bin ich mindesten sechsmal ohne große Beachtung vorbei gegangen. Bei der Vorwanderung mit meiner Elisabeth wollten wir endlich mal das Innere sehen. Das war eine sehr glückliche Entscheidung. Vor dem Altar war noch die vom Erntedankfest geflochtene Ährenkrone zu sehen und davor ein traumhaft schönes Heiligenbild, eine biblische Szene mit Christus, einem Apostel und einem Lamm. Es ist gelegt aus 27 verschiedenen Hülsenfrüchten, Gewürzen und Samen. Diese sind in kleinen Schalen daneben im Einzelnen zu begutachten. Das sollte und war der Höhepunkt meiner Wanderung. Meine Befürchtung, dass es vielleicht nicht mehr zu sehen sei, war, Gott sein Dank, unbegründet. Alle Wanderer waren ebenso angetan und begeistert wie ich, einige Tage vorher.
An einem aufgelassenen Steinbruch vorbei, in dem man vor einigen Jahren noch baden konnte, kommen wir zum Adelsholz. Nun abwärts durch eine Schlucht, die seitlich von imposanten Felsen umsäumt ist, erreichen wir Würgau. Leider rutscht eine Teilnehmerin kurz vorher auf dem lehmigen Untergrund so unglücklich, dass sie sich den Unterarm bricht, was sich aber erst später im Krankenhaus herausstellt. Sie hat ihre Schmerzen sehr tapfer ertragen.
Für die Mittagseinkehr war das Gasthaus Hartmann vorgesehen. Es war überaus stark frequentiert. Unsere reservierten Plätze waren dennoch frei, wenn es auch etwas eng zuging. Nichts des do weniger haben Schäuferla, Schnitzel und anderes sehr gut geschmeckt und nach gut zwei Stunden machten wir uns gegen 15 Uhr auf die kurze Strecke am Nachmittag. Sie stand ganz im Zeichen des Walnuss- Sammelns. Auf dem Weg nach Demmelsdorf und Zeckendorf säumten viele Nussbäume die Strecke und es war für die meisten schwer an den herum liegenden Früchten einfach vorbei zu gehen. Erfreulich auch, dass wir uns in Zeckendorf keines von den hinterhältigen Biestern eingefangen haben. Beim Abschied am Parkplatz oberhalb dieses Ortes waren sich die Wanderer einig, einen herrlichen Tag in unserer schönen fränkischen Heimat erlebt zu haben. Heimwärts begleitete uns dann noch die Sonne, die ruhig zwei Stunden früher hätte erscheinen können.
Kurt Herrmann