Der Sellrain, ein Seitental des Inntals im Bezirk Innsbruck-Land, war vom 17. – 21.08.2016 das Ziel der Bergkameraden der Sektion Neustadt. Am Parkplatz in St. Sigmund (1513 m) war Treffpunkt mit unseren Nürnberger Bergkameraden. Gegen 14.30 Uhr Abmarsch und Aufstieg zum Quartier für die nächsten Tage, dem Adolf-Witzenmann-Haus bzw. der Neuen Pforzheimer Hütte (2308 m). Entlang des Gleirschbaches ging es auf asphaltiertem Fahrweg das Tal hinauf zur bewirtschafteten Gleirschalm (1666 m) und danach mäßig ansteigend auf unbefestigtem Fahrweg vorbei an Almweiden bis zur Materialseilbahn der Pforzheimer Hütte. Hier wurde der Gleirschbach überschritten und der durch Almrosenhänge führende relativ harmlose „Hüttenschinder“ schnell überwunden (795 Hm, 2.35 Std.). Problemlos wurde eingecheckt und die Hütte in Augenschein genommen. Die anfänglich empfundene Enge im Zimmer wich mehr und mehr einem zufriedenen Gefühl, was sicher nicht nur am guten Essen (Teilnehmer der Aktion: So schmecken die Berge – beste Küche über 2000 m) und dem sehr freundlichen Personal lag. Die Wirtin Ingrid Penz war mit ihrem Team stets hilfreich und zuvorkommend und bereitete schmackhafte abendliche Drei-Gänge-Menüs sowie einen ausgezeichneten Kaiserschmarrn. Geheimtipp: Zirbenschnaps (nicht auf der Karte!)
Die Hüttenabende verliefen kurzweilig, Wanderführer Volker Bräutigam breitete seine Tourenvorschläge aus und lud damit zum Fachsimpeln ein, Karten- und Würfelspiele, an denen sich auch die Jüngsten unserer Gruppe beteiligten, rundeten die Sache ab. Volkers Enkelsohn Jannik (12 J.) war wieder einmal mit von der Partie, und Timo hatte seinen Sohn Luis (6 J.) mit „im Gepäck“. Die 68 Übernachtungsplätze in Zimmern und Lager bietende Hütte wurde 1926 erbaut und 1967 erweitert und ist gut mit Wasser versorgt. Sie ist umgeben von einem Kranz von zahlreichen Dreitausender Bergen, die auf einfachen und anspruchsvollen Wanderrouten sowie Klettersteigen bestiegen werden können. Das Gleirschtal präsentiert sich als alpines Kleinod mit einer artenreichen Fauna und Flora. Quasi zum Einlaufen war für Donnerstag der Samerschlag, südwestlich der Hütte aufragend, ausgewählt worden. Der „Wecker“ funktionierte überpünktlich - um 05.00 Uhr krähte der Hahn unüberhörbar eine Stunde lang – und um 08.30 Uhr startete unsere 12-köpfige Gruppe. Auf dem Weg Nr. 145 nach Westen die Almwiesen hoch, vorbei an den letzten blühenden Arnika, AlpenHornkraut, Moos-Steinbrech, Enzian und Krainer Kreuzkraut, dann am Abzweig zum Gleirschjöchl in weitem Linksbogen auf den Höhenrücken kurz vor dem steilen Gipfelhang des Samerschlag (2828 m), erreicht um 10.15 Uhr. „Berg Heil“ und Eintrag ins Gipfelbuch. Längere Pause, Abstieg, über Almgelände (zum Ärger der Murmeltierjäger) und über den bis ins Gleirschtal führenden Hüttenrundweg zurück zur Hütte (14.30 Uhr, 9 km, ca. 700 Hm). Für den nächsten Tag war die Besteigung der Haidenspitze angesagt. Unsere Gruppe startete um 08.30 Uhr wieder vollzählig von der Hütte aus wenige Meter hinunter zum Walfesbach und nach der kleinen Holzbrücke sofort links aufwärts der Beschilderung „Haidenspitze“ folgend.
Der schmale Wanderpfad führte nur kurz westlich am Bach entlang und bald darauf durch die Hangwiesen rechts hinauf auf einen Geländerücken. Um diesen herum ging es leicht abwärts in die Rotgrube und auf einen Steilaufstieg zu. Dieser führte in Serpentinen durch felsiges Gelände und brachte uns hinauf auf einen Bergrücken, bezeichnet „Auf der Haide“. Hier nach dem schweißtreibenden Aufstieg Pause. Dem kleinen Luis war der weitere Aufstieg nicht zuzumuten, deshalb machten sich Timo und Freunde mit ihm auf den Rückweg. Die Neustadter erreichten nach einer weiteren Stunde das erst 2009 neu aufgestellte Gipfelkreuz der Haidenspitze (2975m). „Berg Heil!“ Ein toller Rundumblick entschädigte für die Mühen. Nach einer Stärkung und dem Eintrag ins Gipfelbuch stieg die Gruppe ab und kehrte auf gleicher Route zur Hütte zurück (7 km, 727 Hm, 4 Std., 10 Min.).Den Nachmittag verbrachten wir auf der Sonnenterrasse und abends überraschte das Hüttenteam mit einem nepalesischen Buffet, das vorzüglich schmeckte. Nach den Hüttengästen speiste am Nebentisch das Hüttenteam gemeinsam mit ein paar italienischen Murmeltierjägern ausgiebig nach ital. Art, wobei zum Abschluss diverse Käselaibe aufgetragen wurden. Ob es nun unseren neugierigen Blicken oder dem Anstand der Wirtin zu schulden war, bleibt dahingestellt, jedenfalls kredenzte man unserer Gruppe zwei Platten mit Kostproben mehrerer italienischer Käsesorten, die wir uns dankbar munden ließen und uns anregten, die Hüttenweine von Weiß bis Rot zu probieren, so dass die Hüttenruhe wieder einmal etwas später einsetzte. Der Samstag war gekommen und damit unsere letzte Tour, die vorweg gesagt auch die schönste werden sollte. Nach dem Frühstück verabschiedeten wir erst unsere Nürnberger Freunde, die zuhause erwartet wurden. Um 08.00 Uhr ging es dann am Walfesbach entlang, durch das Walfeskar zum Talschluss und viele steile Serpentinen mit Geröll hinauf auf den Sattel vor dem Gipfel des Zwieselbacher Roßkogels, tief unten glitzerte ein Gletschersee. Noch einen letzten Bergrücken hoch - hier in herrlichem Blau viele „Schusternägel“, auch Läusekraut und Gletscher-Hahnenfuß, dann vorbei am Übergang zur Schweinfurter Hütte hinüber zum Gipfelaufbau und über Blöcke und Platten hoch zum Kreuz (11.25 Uhr,3083m). „Berg Heil“! Herrlicher Rundumblick ließ die Herzen höher schlagen. Fotos, Brotzeit, Gipfelbuch und Abstieg zur Hütte auf dem gleichen Weg (14.30 Uhr, 7 km, 775 Hm). Die überaus gelungene Tour wurde mit einer Runde Zirbengeist begossen und die letzten Sonnenstrahlen auf der Sonnenterrasse ausgenutzt, bis der seit Tagen angekündigte Regen dann einsetzte. Wir waren Glückskinder, die bei idealem Bergwetter vier schöne Tage in einer noch sehr ursprünglich gebliebenen Bergwelt verbringen durften. Unserem Wanderführer Volker sei an dieser Stelle im Namen aller Teilnehmer noch einmal Anerkennung und Dank für die Planung und Durchführung der Touren ausgesprochen. Auch Reinhard, der immer wieder als sicherer Fahrer fungiert, gilt unser herzlicher Dank. Am Sonntagmorgen stiegen wir bei leichtem Nieselregen durch das Gleirschtal ab zu unseren Fahrzeugen am Parkplatz von St. Sigmund und traten bei immer besser werdendem Wetter die Heimreise an. Eine Schlusseinkehr auf dem Wagner-Keller in Kemmern rundete unseren kleinen Wanderurlaub ab.
F. Brückner